The Grand Old Duck Man
Die Biographie des Carl Barks

Vor ein paar Jahren begann ich mich zu fragen, warum sich meine Comics so viel besser verkauften als die anderen Comic-Hefte mit Donald und Onkel Dagobert. Ich schaute mir die Zeichnungen und die Geschichten darin an, und mir wurde klar, dass diese Kerle sie einfach hinschluderten. Sie hatten keinen künstlerischen Ehrgeiz; sie wollten nur etwas produzieren, was gut genug war, um bezahlt zu werden. Seitdem glaube ich, dass ich wohl etwas Besonderes gemacht habe - vielleicht sogar etwas, das beinahe Kunst war. - Carl Barks

Carl Barks - jahrzehntelang bekannt nur als "The Good Artist", der gute Zeichner. Keine seiner Geschichten ist jemals von ihm signiert worden, nur die wenigsten Leser wussten seinen Namen, und doch hat er die Phantasie von Millionen (nicht nur kindlicher) Comicleser auf der ganzen Welt mehr angeregt als Carl Barksirgendein anderer Künstler dieses Genres im 20. Jahrhundert. Er war derjenige, dem wir die Einführung so populärer wie beliebter Figuren wie Dagobert Duck, Daniel Düsentrieb und auch Gustav Gans in das Disney-Universum verdanken, und der diesen Figuren - und allen voran natürlich Donald Duck selbst - eine ungeheure Menschlichkeit in ihren Handlungen und Gefühlsregungen verlieh. Er hat in seinen insgesamt über 6000 Comicseiten ein Erzählniveau erreicht, das bis heute wahrlich maßgebend ist, und eine ganze Generation damit nachhaltig geprägt.

Angefangen hat alles auf einer Farm in der Nähe von Merrill im US-Bundesstaat Oregon, wo Carl Barks am 27. März 1901 als jüngerer von zwei Brüdern geboren wurde. Im Jahre 1910 zog er mit seiner Familie für zwei Jahre nach Santa Rosa, Kalifornien, wo sein Vater eine Pflaumenplantage kaufte. In diese Zeit fiel die Entdeckung seiner Liebe fürs Zeichnen, denn ein Kind in seiner Schule, das wundervoll zeichnen konnte, inspirierte ihn.

Als Carl Barks fünfzehn Jahre alt war, starb seine Mutter. Er verließ daraufhin die Schule, und half seinem Vater fortan auf der Farm in Oregon; nebenbei nutzte er die Gelegenheit, sich einige Dollars zu verdienen, indem er auch anderen Bauern bei der Arbeit half. Sein Interesse am Cartoonzeichnen begleitete ihn aber auch weiterhin - im Alter von sechzehn Jahren meldete er sich zu einem Fernkurs der "Landon School of Cartooning" an, den er allerdings nach einigen Lektionen wieder verließ.

Im Dezember 1918 zog er nach San Francisco. Er hatte die Cartoons in den dortiCarl Barks im Jahr 1919gen Zeitungen aufmerksam studiert, und hoffte nun, selber als Zeichner Fuß fassen zu können. Er verdiente sich sein Geld als Botenjunge in einer kleinen Druckerei - die Probezeichnungen, die er immer wieder bei Redakteuren des "Bulletin" oder "Examiner" einreichte, wurden allesamt abgelehnt.

So kehrte er dann nach zwei enttäuschenden Jahren auf die Farm seines Vaters in Oregon zurück. Im Jahre 1923 heiratete er seine erste Frau, mit der er zwei Töchter hatte, und zog mit ihr nach Roseville, östlich von Sacramento. Dort arbeitete er fünfeinhalb Jahre als Wagenbauer beim "Pacific Fruit Express". Zwischenzeitlich gelang es ihm, einige Witzzeichnungen an das Herrenmagazin "Calgary Eye-Opener" zu verkaufen. Seine Frau trennte sich von ihm 1930, und er kehrte abermals nach Oregon zurück. Dort arbeitete er eine zeit lang in einer Verpackungsfabrik, bis seine Stelle wegen der Weltwirtschaftskrise gestrichen wurde.

Im Jahre 1935, Barks war vierunddreißig Jahre alt, bewarb er sich bei Disney. Er erhoffte sich dort, in dem expandierenden Unternehmen, bessere berufliche Perspektiven. Bei Disney wurde er zuerst als Inbetweener (Zwischenphasenzeichner) eingestellt, wegen seiner rasch erkannten Begabung für gute Gags von Walt Disney aber bald ins Story-Department versetzt. In den Jahren darauf arbeitete Carl Barks an etwa 36 Donald Duck-Kurzfilmen mit. Befriedigt hat ihn diese Arbeit allerdings nicht recht: Sein Interesse bestand eher darin, einen Gag in nur einer Zeichnung umzusetzen, anstatt ihn mittels mehrerer ZeichnuWitzzeichnung aus dem Calgary Eye-Openerngen auszuarbeiten. Anstatt Animationen, die nur auf Aneinanderreihung von Gags und komischen Momenten beruhen, zu präsentieren, wollte er gute Geschichten erzählen.

So kündigte er folgerichtig am 6. November 1942 bei den Disney-Studios, und zog mit seiner zweiten Frau nach San Jacinto, östlich von Los Angeles, wo er eine Hühnerfarm aufmachte. Das Zeichnen ließ ihn natürlich nicht los, und so fragte er bei Western Publishing, einem Verlag, der Lizenznehmer von Disney war und für den er bereits im Jahre 1942 in seiner Zeit bei Disney sein erstes Comicheft gezeichnet hatte, nach weiteren Aufträgen nach. Für die April-Ausgabe 1943 der Reihe "Walt Disneys Comics & Stories" zeichnete er eine zehnseitige Donald Duck-Geschichte. Bereits für die nächste Ausgabe, Mai 1943, begann er, neben den Zeichnungen auch die Story zu verfassen, woran sich in den folgenden Jahren nichts ändern sollte - die Ideen zu den Geschichten, die Scripte, die Vorzeichnungen bis hin zu den fertigen Tuschezeichnungen mit Dialogen kamen alle aus seiner Hand. Wurde er anfangs bei Western Publishing noch als freier Mitarbeiter beschäftigt, erhielt er später den Status eines Angestellten. Bezahlt wurde er stets nach der Anzahl der Seiten, die er ablieferte.

Während seiner fast 24jährigen Tätigkeit bei dem Verlag schuf er über 500 Geschichten - annähernd 6000 Seiten. Ab etwa 1947 begann er, immer wiederkehrende NebenfigWalt Disneys Comics and Stories 31 vom April 1943uren in seine Abenteuer einzubauen, die nie zuvor in irgendwelchen Disney-Zeichentrickfilmen erschienen waren. Diese Figuren bevölkerten nach und nach die Welt von Entenhausen (übrigens auch dieser Ort eine "Erfindung" von Carl Barks), und füllten diese Welt mit Leben. Als erstes erschuf er im Jahre 1947 Dagobert Duck, ein Jahr später tauchte Gustav Gans auf. 1950 kam das Fähnlein Fieselschweif, 1951 die Panzerknacker und Daniel Düsentrieb, und im Jahre 1961 schließlich Gundel Gaukeley - um nur die wichtigsten und bekanntesten Charaktere zu nennen.

1952 lernte Carl Barks seine dritte Frau Garé kennen, die er 1954 heiratete. Sie war selbst Malerin, und übernahm sowohl das Handlettering der Sprechblasen sowie einige Hintergrundzeichnungen. Am 30. Juni 1966 verließ Carl Barks im Alter von 65 Jahren den Verlag Western Publishing und ging in "Rente". Doch obwohl er fortan keine eigenen Comics mehr zeichnete, lieferte er bis 1973 noch über zwanzig Scripte und zahlreiche Coverzeichnungen ab. Nebenbei widmete er sich gemeinsam mit seiner Frau der Malerei. 1971 erhielt er Hands Off My Playthings, Ölgemälde von 1975von Disney eine Sondergenehmigung zum Malen von Entenhausener Szenen. Bis zum Jahre 1976 erstellte er 122 Ölgemälde mit Duck-Motiven, doch als die Spekulation mit jenen Bildern überhand nahm, entzog Disney die Lizenz. Nach einer längeren Pause, in der Carl Barks zwangsläufig wieder Gemälde mit eigenen Motiven malen musste, begann der Disney-Lizenznehmer "Another Rainbow" 1982 mit der Herausgabe von Lithographien, für die Carl Barks wieder Ölgemälde mit Duck-Motiven malte, und dies bis ins Jahr 1997. In den 80er Jahren wurde das Schaffen Carl Barks' durch eine 30-bändige Gesamtausgabe seiner Geschichten gewürdigt, die ebenfalls bei Another Rainbow publiziert wurde. 1991 wurde er von den Disney-Studios für seine Arbeit geehrt und als "Disney-Legende" mit einer kleinen Statue ausgezeichnet.

Am 9. März 1993 starb Carl Barks' Frau Garé. Etwas über ein Jahr später begab sich Carl Barks auf seine erste Auslandsreise anlässlich der Eröffnung einer Ausstellung seiner Ölgemälde in Kopenhagen. Seine Promotion-Tour durch neun europäische Länder entwickelte sich zu einem wahren Triumphzug. In letzter Zeit war es etwas ruhiger geworden um Carl Barks, zumal sich sein Gesundheitszustand seit 1999 bedenklich verschlechterte. Er lebte zuletzt wieder in Oregon, und verstarb dort am 25. August 2000 im Alter von 99 Jahren. Die Welt verlor einen wahrlich großen Comicautor, herausragenden Künstler und liebenswerten Menschen...

Selbstporträt