Biographien einiger Mitwirkenden
am Film KOLBERG
HEINRICH GEORGE
als Joachim Nettelbeck
* 9.10.1893 in Stettin
† 25.9.1946 in Sachsenhausen
Heinrich George (eigtl. Heinz Georg Schulz) begann als 19jähriger seine Schauspielerkarriere am Kolberger Stadttheater. Nach dem Ersten Weltkrieg spielte er an diversen Bühnen in Deutschland, bis er schließlich 1922 an das Staatliche Schauspielhaus in Berlin kam. In Berlin machte er sich rasch als Charakterdarsteller einen Namen und erlebte einen steilen Aufstieg als Bühnenschauspieler. Bald etablierte er sich als einer der renommiertesten Schauspieler der Weimarer Republik.
Der Film eröffnete ihm ein weiteres Betätigungsfeld; zunächst der Stummfilm, in dem er sich aber mangels sprachlicher Ausdrucksmöglichkeit sehr eingeschränkt fühlte, dann der Tonfilm, der seinen Fähigkeiten mehr entgegenkam.
George galt vor 1933 als ein Sympathisant der Linken (u.a. mehrere Rednerauftritte auf KPD-Kundgebungen), ließ sich nach der Machtübernahme aber schnell von den Nationalsozialisten vereinnahmen. Er wurde bald zu einem der herausragenden Repräsentanten des NS-Films. Bereits 1933 übernahm er eine Rolle im Propagandafilm "Hitlerjunge Quex", 1940 spielt er unter der Regie Veit Harlans im antisemitischen Hetzfilm "Jud Süß". 1937 wurde George von Propagandaminister Joseph Goebbels zum "Staatsschauspieler" ernannt. 1938 wurde er zum Intendanten des Berliner Schillertheaters berufen, an das er viele renommierte Schauspieler (Paul Wegener, Eduard von Winterstein) und Nachwuchstalente (Horst Caspar, Will Quadflieg) holte. Auch vielen regimekritischen Schauspielern bot George dort ein Engagement an.
"Kolberg" war der letzte Film von George. Im Sommer 1945 wurde er vom sowjetischen Geheimdienst NKWD wegen seiner Stellung im Dritten Reich verhaftet und im sowjetischen Speziallager 2 (dem ehemaligen KZ Sachsenhausen) interniert. Dort starb er an den Folgen einer Blinddarmoperation.
George wurde 1994, nachdem sein lange verschollenes Grab bei Sachsenhausen gefunden wurde, umgebettet und auf dem Friedhof Berlin-Zehlendorf beigesetzt. 1998 erfolgte die offizielle Rehabilitation durch die russische Regierung.
Er war der Vater des Schauspielers Götz George.
HORST CASPAR
als August Graf Neidhart v. Gneisenau
* 20.1.1913 in Radegast
† 27.12.1952 in Berlin
Der schon früh schauspielbegeisterte Horst Caspar ließ sich in Berlin von Lucie Höflich und Ilka Grüning zum Schauspieler ausbilden. Er gab sein Bühnendebüt 1933 am Stadttheater Bochum, 1938 wechselte er an die Münchner Kammerspiele. 1940 folgte er einem Ruf Heinrich Georges und ging zum Berliner Schillertheater, wo er bis zur kriegsbedingten Schließung 1944 engagiert war.
Caspar galt als eines der größten schauspielerischen Talente seiner Zeit. Seine Paraderolle war die des jugendlichen, idealistischen Helden. Er übernahm viele klassische Rollen und brillierte u.a. als Faust, Torquato Tasso und Hamlet. Auch wenn die Theaterbühne seine eigentliche Domäne war, machte sich Caspar auch als Filmschauspieler einen Namen: 1940 spielte er in der Schiller-Verfilmung "Die Räuber", im gleichen Jahr verkörperte er die Titelrolle im Film "Friedrich Schiller. Triumph eines Genies". Sein letzter großer Film war "Kolberg".
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gehörte Caspar zum Ensemble des Düsseldorfer Schauspielhauses. Mit nur 45 Jahren verstarb der Charakterdarsteller überraschend an einem Blutsturz.
GUSTAV DIESSL
als Ferdinand v. Schill
* 30.12.1899 in Wien
† 20.3.1948 in Wien
Gustav Dießl sammelte vor dem Ersten Weltkrieg erste Bühnenerfahrung in Wien. Nach dem Krieg begann er eine Ausbildung als Bühnenbildner, die er abbrach, um Schauspieler zu werden. 1919 schloss er sich zunächst einer Wanderbühne an, 1921 bekam er sein erstes Engagement (an der Neuen Wiener Bühne). Mitte der 20er Jahre ging Dießl nach Berlin.
1921 drehte er seinen ersten Film - es folgten viele weitere Filmengagements: bis 1947 spielte er in über 60 Filmen mit. Er gab häufig den Typus des schwierigen Mannes, der Frauen in seinen Filmen wegen seines komplizierten, eigenwilligen Charakters anzieht.
Dießl starb mit 50 Jahren an den Folgen zweier Schlaganfälle in Wien.
KRISTINA SÖDERBAUM
als Maria Werner
* 5.9.1912 in Stockholm
† 12.2.2001 in Hitzacker
Kristina Söderbaum kam 1934 mit der Absicht, Kunstgeschichte zu studieren, nach Berlin, wo sie privat Schauspielunterricht nahm. Durch eine Empfehlung wurde der Filmregisseur Erich Waschnek auf sie aufmerksam. 1937 wurde sie von Veit Harlan entdeckt, der ihr eine Rolle in einem seiner Filme gab. 1939 heirateten Harlan und Söderbaum, die von nun an seine bevorzugte Darstellerin wurde und bis zu seinem Tod (1964) ausschließlich (!) in Filmen unter seiner Regie spielte.
Söderbaum machte an der Seite Harlans schnell Karriere und galt als eine der erfolgreichsten Schauspielerinnen im Dritten Reich. (Da sie in einigen ihrer Filme den Freitod in Gewässern suchte, wurde sie vom Volksmund scherzhaft als "Reichswasserleiche" bezeichnet.) Als blonde Kindfrau voller Unschuld und Reinheit entsprach sie insbesondere dem nationalsozialistischen Idealtyp der "arischen Frau".
Nach dem Zweiten Weltkrieg lehnte Söderbaum zunächst aus Solidarität mit ihrem Mann, der wegen seines Filmschaffens im Dritten Reich mit Berufsverbot belegt war (s.u.), alle Filmangebote ab. Als Harlan ab 1950 wieder Drehen durfte, übernahm Söderbaum wieder Hauptrollen in seinen Filmen.
Nach Harlans Tod 1964 beendete Söderbaum ihre Schauspielkarriere, um fortan als freie Mode- und Porträtfotografin zu arbeiten. In den 80er und 90er Jahren hatte sie einige Gastauftritte in Filmen und Fernsehserien.
PAUL WEGENER
als Oberst v. Loucadou
* 11.12.1874 in Arnoldsdorf
† 13.9.1948 in Berlin
Paul Wegener studierte in Freiburg und Leipzig auf Wunsch seines Vaters Jura (besuchte aber vornehmlich Vorlesungen in Philosophie und Kunstgeschichte). Mit 21 Jahren brach er sein Studium ab, um Schauspieler zu werden, woraufhin ihm sein Vater den Unterhalt entzog. Nach kleineren Engagements in Rostock, Aachen, Koblenz und anderen Orten holte ihn 1905 endlich Max Reinhardt an das Deutsche Theater in Berlin. Wegener etablierte sich rasch als hervorragender Charakterdarsteller, der für große, klassische Rollen besetzt wurde (Richard III., Macbeth, Mephisto, Othello u.a.). Er gastierte nicht nur an allen großen deutschen Bühnen, sondern tourte auch durch Europa und Amerika.
1913 hatte Wegener sein Filmdebüt; er wirkte fortan in über 30 Stummfilmen mit, in denen er vornehmlich dämonische Charaktere spielt. Er erkannte als einer der ersten Bühnenschauspieler in Deutschland das enorme (auch künstlerische) Potential des Mediums Film. Wegener wirkte auch als Drehbuchautor und Regisseur. 1923 gründete er eine eigene Filmgesellschaft, die "Paul Wegener Film A.-G."
Mit dem Ende der Stummfilmzeit büßte Wegener etwas von seiner erstrangige Position in der deutschen Filmlandschaft ein, blieb jedoch als Bühnendarsteller - aber auch im Tonfilm - weiterhin populär.
Ab 1938 gehörte er zum Ensemble des Berliner Schillertheaters, 1943 wurde er von Gustaf Gründgens an das Staatliche Schauspielhaus in Berlin geholt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg zählte Wegener mit zu den ersten Schauspielern, die von den Alliierten eine Lizenz zum Wiederauftreten bekamen. Er war maßgeblich an der Gründung des "Kulturbundes zur Erneuerung Deutschlands" beteiligt.
KURT MEISEL
als Claus Werner
* 18.8.1910 in Wien
† 5.4.1994 in Wien
Kurt Meisel studierte zunächst Jura und nahm anschließend Schauspielunterricht in Wien. Er spielte an Bühnen in Wien, München und Leipzig. 1936 ging er nach Berlin, wo er die nächsten fast zwei Jahrzehnte bevorzugt auftrat.
Ab 1934 startete Meisel eine parallele Karriere als Filmschauspieler. Er avancierte zu einem beliebten Nebendarsteller und war zumeist auf die Darstellung charakterschwacher und leicht affektierter Männer festgelegt. Ab Ende der 40er Jahre war Meisel auch als Theater- und Filmregisseur tätig.
1960 wurde Meisel zum Oberspielleiter des Münchner Staatsschauspiels berufen, 1972 bis 1983 war er Intendant des Bayrischen Staatsschauspiels München.
OTTO WERNICKE
als Bauer Werner
* 30.9.1893 in Osterode
† 7.11.1965 in München
Otto Wernicke absolvierte eine Buchhändlerlehre und nahm anschließend Schauspielunterricht. Es folgten Engagements in Erfurt und Eisenach. Nach dem Ersten Weltkrieg ging Wernicke an das Bayerische Staatstheater in München, wo er bis 1937 engagiert war. Von 1934 bis 1941 gehörte er zum Ensemble des Deutschen Theaters in Berlin, von 1941 bis 1944 zum Ensemble des Staatlichen Schauspielhauses in Berlin.
Seit seiner Münchner Zeit begann Wernicke eine zusätzliche Karriere als Filmschauspieler, zunächst beim Stummfilm, später beim Tonfilm. Bekannt wurde er mit seiner Darstellung des Kommissars Lohmann in Fritz Langs Meisterwerk "M - eine Stadt sucht einen Mörder" (1931). In der Folgezeit verkörperte Wernicke zumeist Handwerker, kleinere Beamte und Angestellte.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wirkte er bis zu seinem Tod weiter als Theater- und Filmschauspieler.
VEIT HARLAN
Regisseur
* 22.9.1899 in Berlin
† 13.4.1964 auf Capri
Nachdem Veit Harlan zum Silberschmied ausgebildet worden war, erhielt er Schauspielunterricht am renommierten Reinhardt-Seminar bei Max Reinhardt. Von 1919 bis 1935 wirkte er als Schauspieler an diversen deutschen Theatern, insbesondere an der Volksbühne in Berlin und am Berliner Staatstheater.
1933 bekannte sich Harlan, der in den 20er Jahren für kurze Zeit SPD-Mitglied gewesen war, öffentlich zum Nationalsozialismus. Im selben Jahr gab Harlan auch sein Debüt als Filmregisseur. Ab 1936 gab er die Schauspielerei auf und wechselte gänzlich in das Filmgeschäft über; zu vielen seiner Filme verfasste er auch selbst das Drehbuch. 1939 heiratete er die Schauspielerin Kristina Söderbaum (s.o.), die seine bevorzugte Besetzung wurde.
Aufgrund seines Filmstils und seiner politischen Einstellung entwickelte sich Harlan bald zu einem vom Propagandaministerium protegierten Regisseur. Joseph Goebbels schrieb 1937 nach Ansicht eines Harlan-Films in sein Tagebuch: "Modern und nationalsozialistisch. So wie ich mir die Filme wünsche." (Eintrag v. 12.3.1937) Goebbels machte Harlan zu einem der führenden Regisseure des Dritten Reiches. 1940 beauftragte er ihn mit der Regie des antisemitischen Hetzfilms "Jud Süß", 1942 kam der aufwendig produzierte Historienfilm "Der große König" in die Kinos.
Harlans Filme zeichnen sich durch technisch aufwendige und handwerklich gekonnte Produktion aus, sie zeigen oftmals monumentale und melodramatische Bilder, die das Publikum begeisterten und berührten. Da seine Filme die NS-Propaganda (bewusst oder unbewusst?) unterstützten, wurde Harlan 1943 zum 25jährigen Jubiläum der UFA mit dem Professorentitel geehrt. Sein Status zeigte sich nicht zuletzt daran, dass er von 1942 bis 1945 alle seine Filme - die z.T. mit enormen finanziellem Budget ausgestattet waren - in Agfacolor drehen durfte.
Harlan wurde 1947 zwar als "Entlasteter" eingestuft, doch wurde er auf öffentlichen Druck hin 1948 erneut aufgrund seiner Regietätigkeit beim Film "Jud Süß" wegen "Verbrechens gegen die Menschlichkeit" angeklagt (vgl. ZEIT-Artikel von 1949). Von dieser Anklage wurde er 1949 und 1950 in zwei Prozessen freigesprochen; Harlans Argument, er hätte sich durch Ablehnung des Regierungsauftrags zum Film "Jud Süß" in Lebensgefahr gebracht, konnte vor dem Gericht Glauben finden. Seit 1950 betätigte sich Harlan wieder als Filmregisseur, doch konnte er nicht an seine früheren Erfolge anknüpfen. Seine Filme lösten im Nachkriegsdeutschland oftmals Demonstrationen und Boykottaufrufe aus.
NORBERT SCHULTZE
Komponist
* 26.1.1911 in Braunschweig
† 14.10.2002 in Bad Tölz
Norbert Schultze studierte in Köln und München Klavier, Dirigieren und Komponieren. Nach einer Anstellung als Aufnahmeleiter bei der Telefunken GmbH arbeitete Schultze ab 1936 als freier Komponist für Bühne und Film.
Schultze komponierte im Auftrag von Propagandaminister Joseph Goebbels eine Reihe von Soldaten- und Propagandaliedern, u.a. "Von Finnland bis zum Schwarzen Meer", "Panzer rollen in Afrika vor" und "Bomben auf Engelland". Zu seinen bekanntesten Kompositionen gehört "Lili Marleen" (gesungen von Lale Andersen), das sich während des Zweiten Weltkriegs an allen Fronten einer großen Beliebtheit erfreute.
Nach dem Krieg wurde Schultze zunächst mit Berufsverbot belegt. Von 1953 bis 1968 betrieb er einen eigenen Musikverlag. Er schrieb weiterhin Operetten, Musicals, Filmmusiken und Lieder. Von 1973 bis 1991 war Schultze Vorstandsmitglied im Deutschen Komponistenverband, daneben bekleidete er bis 1996 hohe Ämter bei der GEMA.
(Vgl. auch die Rubrik Filmmusik.)
Quellen: filmportal.de, LeMo, Wikipedia, Munzinger Internationales Biographisches Archiv.